Resilienz – Was uns stärker macht und warum Bambus ins Büro gehört

29. April 2020

Lesedauer: ca. 4 Min

Bambus ist die perfekte Pflanze fürs Büro. Sie wächst überall und sogar dann, wenn sie während deines Jahresurlaubs niemand gießt. Denn Bambus ist extrem resilient: widerstandsfähig. Wie auch du deine Widerstandsfähigkeit stärkst und dich nachhaltig gegen Krisen im Arbeits- und Privatleben wappnest, erfährst du in diesem Artikel.

Kurz und knapp, darum geht’s:

  • Resilienz, abgeleitet vom lateinischen „resilire“ (zurückspringen, abprallen) ist die innere Widerstandskraft im Umgang mit belastenden Ereignissen.
  • Sie wächst im Laufe des Lebens durch das Erleben und die erfolgreiche Bewältigung von Krisen.
  • Du kannst aktiv an den Schutzfaktoren arbeiten, die deine persönliche Widerstandskraft verbessern.

Bambus ist die widerstandsfähigste Pflanze der Welt. Sie trotzt Naturkatastrophen und hält selbst tiefsten Minustemperaturen stand. Sie wächst extrem schnell und treibt auch unter forderndsten Bedingungen noch aus. Was hat Bambus, was andere Pflanzen nicht haben? Eine wichtige Fähigkeit: Resilienz.

Resilienz ist die innere Widerstandskraft im Umgang mit belastenden Lebensumständen. Und das nicht nur in der Botanik: „Resilienz ist die Fähigkeit zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung psychischer Gesundheit während oder nach stressvollen Lebensereignissen“, so heißt es auf der Homepage des Deutschen Resilienz-Zentrums der Universität Mainz, das sich seit Jahren wissenschaftlich mit diesem optimistischen Thema beschäftigt.

Dank ihrer inneren Widerstandskraft meistern Menschen Stress und belastende Lebensereignisse beeindruckend  gut. Und nicht nur das: Resilienz wächst. Denn sie entsteht vor allem aus dem Erleben von Krisen und deren erfolgreicher Bewältigung - je mehr Krisen, desto mehr Möglichkeiten. Demnach können wir sie prima nutzen, um unsere Resilienz zu trainieren. Wenn du also jetzt ein bisschen mehr Zeit hast als sonst, ist das ein günstiger Zeitpunkt, in dich selbst zu investieren. So wie der Bambus unter allen Bedingungen weiter wächst, kann auch der Mensch in Krisen wachsen.

Hier sind die wichtigsten 7 Schutzfaktoren, die unsere Resilienz beeinflussen:

1. Sozialkontakte: Bau dir ein unterstützendes soziales Netz auf und investiere, um es zu erhalten. Ob Familie, Freunde, Bekannte, Arbeitskollegen - zwischenmenschliche Beziehungen bieten dir Freude, soziale Unterstützung und emotionalen Halt. Fühlst du dich stabil aufgefangen, gehst du Probleme auch viel aktiver und sicherer an.

2. Empathie und Hilfsbereitschaft: Sei einfühlsam und unterstützend in deinem Umfeld. Menschen, die etwas zur Gesellschaft beitragen, spüren in ihrem Handeln einen erweiterten Sinn. Das wirkt sich positiv auf dein Selbstbild und natürlich auf deine Beziehungen aus. Im Sport (z.B. bei der Fußball-WM) hast du sicher schon die Erfahrung gemacht, dass geteilte Werte, die sogenannten „shared values“, enorm zusammenschweißen – das gilt umso mehr für gemeinsames soziales Handeln.

3. Kohärenz und Selbstwirksamkeit: Menschen mit hoher Kohärenz sehen einen Sinn in dem, was sie erleben. Deshalb betrachten sie Schicksalsschläge eher als erklärbar und kontrollierbar. Menschen mit hoher Selbstwirksamkeit sind von ihren eigenen Fähigkeiten in realistischem Maße überzeugt und glauben daran, auch in neuen Situationen genug Ressourcen zu besitzen, um sie zu bewältigen. Beides kannst du fördern, indem du z.B. auflistest: Was ist mir bislang (unerwartet) gut gelungen? Worauf bin ich richtig stolz? Welche meiner Fähigkeiten haben dazu beigetragen, welche haben sich dadurch schon verbessert?

4. Realistischer Optimismus: Kritische Situationen aktivieren bei uns mehr oder weniger bewusst negative Gedanken („Das hat doch alles keinen Sinn, das schaffe ich sowieso nicht.“). Diese automatisch ablaufenden Gedanken sind sehr schnell und deshalb nicht unbedingt richtig. Mache dir deine typischen Gedanken mal bewusst, hinterfrage sie kritisch und arbeite daran, sie umzubewerten - in realistischem Maße. Wenn du übst, eigene Erlebnisse neu zu bewerten, kannst du dich viel flexibler auf veränderte Umgebungen einstellen.

5. Lösungsorientiert handeln: Orientiere dich an der Lösung des Problems und nicht am Problem. Grüble also nicht so lange, sondern schalte möglichst schnell in deinen aktiven Handlungsmodus um. „Nicht weil die Dinge schwierig sind, wagen wir sie nicht, sondern weil wir sie nicht wagen, sind sie schwierig“ (Seneca). Menschen mit hoher Problemlösungsorientierung sprechen auch offener über ihre Gefühle und können entsprechend mehr Hilfe annehmen.

6. Emotionale Stabilität: Emotionale Stabilität ist die Fähigkeit, die eigenen Gefühle zu kontrollieren. Dazu kannst du an positiven Gedanken und Emotionen arbeiten oder dich in Akzeptanz üben. In emotional fordernden Zeiten solltest du dir ausreichend Raum für Auszeiten und Entspannung gönnen, um gefühlsmäßig wieder auf den Boden der Tatsachen zurück zu kommen.

7. Selbstfürsorge: Der letzte Punkt ist der Wichtigste: Kümmere dich um dich selbst. Denn wenn du es nicht tust, wer tut es dann? Stärke dein Wohlbefinden durch all das, was dir persönlich gut tut: Hobbies, körperliche Bewegung, eine ausgewogene Ernährung und eine gesunde Lebensweise.

Resilient sind übrigens nicht die Menschen, an denen alles abprallt, sondern die, die belastende Situationen dank ihrer eigenen Fähigkeiten besser bewältigen können. Denn Krisen gehören dazu: „Mit der psychischen Widerstandskraft verhält es sich ähnlich wie mit dem Immunsystem: Um die nötigen Abwehrkräfte zu entwickeln, muss man den Attacken erst einmal ausgesetzt sein.“, sagt Prof. Dr. Klaus Lieb, wissenschaftlicher Geschäftsführer am Deutschen Resilienz-Zentrum Mainz. Und: „Tatsächlich erkennen wir erst in der Not, wie stark wir wirklich sind.“ Eine Bambuspflanze an deinem Arbeitsplatz könnte dich im Krisenfall daran erinnern.

 

Von Nicola Loacker, Psychologin und Recruiterin bei K211 Consulting

Quellen:

J. Asendorpf & F. Neyer: Psychologie der Persönlichkeit. Springer, 2012.

Gehirn & Geist  - Psychologie, Hirnforschung, Medizin. Ausgabe 11/2017.

Helmreich, I. et al.: Psychological Interventions for Resilience Enhancement in Adults. The Cochrane Library, 2017.

Karatsoreos, I., & McEwen, B.: Psychological Allostasis: Resistance, Resilience and Vulnerability. In: Trends in Cognitive Sciences 15, S. 576-584, 2011.

Seligman, M.: Der Glücks-Faktor. Warum Optimisten länger leben. Bastei Lübbe, 2014.

 

 

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