Dank Stress entspannt arbeiten? Stress dich nicht – das geht!

14. Juli 2020

Lesedauer: ca. 5 Min

Stress ist positiv! Weißt du ihn richtig einzusetzen, unterstützt er dich in Höchstleistungen. Nutzt du außerdem die richtigen Strategien, vermeidest du negative Konsequenzen und förderst Gesundheit und Wohlbefinden. Die wichtigsten Fakten zum gesunden Umgang mit Belastungen und warum Karl Lagerfeld bei diesem Thema an Strass dachte, erfährst du im folgenden Artikel.

Kurz und knapp, darum geht’s:

  • Stress begegnet uns in unterschiedlichsten Situationen. Hat er kurzfristig eine sehr positive Funktion, bewirkt er langfristig das Gegenteil.
  • Deshalb ist es hilfreich, einen guten Überblick zu diesem wichtigen Thema zu haben, um in belastenden Situationen die Ruhe zu bewahren.

„Stress? Das kenne ich nicht, ich kenne nur Strass“ – seine polarisierenden Aussagen machten Karl Lagerfeld legendär. Und er hatte Recht. Über mehr als ein halbes Jahrhundert hat er Modetrends gesetzt, große Couture-Häuser in die Erfolgsspur gebracht und Chanel zu einem Milliardenkonzern verholfen. Und trotzdem erlebte er laut eigener Aussage keinen Stress? Das lässt sich erklären: Stress ist subjektiv. Er ist die individuelle Art, wie der Mensch auf Dinge reagiert.

Stress ist kein Trend – deshalb hilft dir Grundwissen zu diesem zeitlosen Thema dabei, in künftig belastenden  Situationen einen kühlen Kopf zu bewahren, die Lage besser einzuschätzen – und bei guter Gelegenheit auch mal mit fachlichem Knowhow zu punkten. Daher hier die wichtigsten Fakten für dich:

1. Was ist Stress?

Ursprünglich kommt der Begriff aus den Ingenieurswissenschaften. Hier versteht man unter Stress die Spannung und Verzerrung von schwer verformbaren Materialien, Metalle zum Beispiel. Das klingt passend – und wurde deshalb später auf den Menschen übertragen. Stress bezeichnet demnach die körperlichen und psychischen Antworten eines Menschen auf verschiedene Belastungen.

2. Stress ist positiv!

Stress hat evolutionär betrachtet einen hohen Nutzen: Er dient der Bereitstellung von Energie in Extremsituationen, um kurzzeitig Höchstleistungen erbringen zu können. Dazu ein bewährtes Beispiel aus der Steinzeit: Der Mensch trifft auf ein Raubtier. Was passiert? Das Gehirn bewertet die Situation („Gefahr!“) und aktiviert anregende Substanzen (z.B. Adrenalin), damit der Mensch blitzschnell reagieren kann. Die Reaktion folgt einem Muster: „fight or flight“ - kämpfen oder flüchten. Und beides hat seine Vorteile: Die menschliche Spezies bleibt weiter bestehen und das Adrenalin wird durch die körperliche Betätigung wieder abgebaut. Ein durchdachtes System – mit einem Problem: im heutigen Alltag treffen wir nicht auf Raubtiere (…nicht im klassischen Sinne). Adrenalin schießt zwar weiterhin durch den Körper, aber die körperliche „fight or flight“-Reaktion bleibt im Büro tendenziell aus. Das Adrenalin bleibt, der Mensch bleibt angespannt – gestresst. Gesünder wäre es also, eine akute Stress-Situation durch Bewegung wieder abzubauen.

3. Welche Folgen hat Stress?

Hier müssen wir unterscheiden, denn kurzfristig hat Stress ja sehr positive Auswirkungen, die allesamt dazu dienen, akute Herausforderungen effizient zu meistern: Anregende Hormone werden ausgeschüttet, Herzfrequenz und Blutdruck werden erhöht. Ein „Tunnelblick“ wird aktiviert: die Fokussierung auf das akute Problem, während Nebensächliches ausgeblendet wird. Zum Nebensächlichen gehören in diesem Moment übrigens auch Hunger, Schlaf und die Libido.

Wird die Anspannung jedoch nicht abgebaut, bleiben auch die Auswirkungen. Sie werden zu langfristigen – chronischen – Konsequenzen: ein unausgeglichener Hormonhaushalt, Bluthochdruck, innere Unruhe, Anspannung oder Gereiztheit. Der „Tunnelblick“ bleibt und mit ihm weitere Folgen: Die ausschließliche Problemfokussierung fordert Einschnitte im Sozial- und Freizeitverhalten. Hunger, Schlaf und Libido leiden, das Risiko für langfristige Einschränkungen steigt. Ebenso steigt die Gefahr für einschneidende körperliche und psychische Erkrankungen.

Dauerstress bewirkt nicht, dass du eine Arbeit besser machst – im Gegenteil: Es ist wichtig, auf die kurz- und langfristigen Symptome zu achten, um frühzeitig zu reagieren. Körperliche Energie sollte auch wieder abgebaut werden und auch entspannende Auszeiten sollten ihren Platz im Alltag finden.

4. Stress ist subjektiv

Würde man 100 Menschen fragen, was sie am meisten stresst, würde man auch etwa 100 verschiedene Antworten bekommen. Denn jede Situation kann als belastend interpretiert und damit zum Stressauslöser werden. Nicht sie selbst ist stressig, sondern die Einstellung dazu, die bisherigen Erfahrungen und die negativen Gefühle, die sie auslöst. Karl Lagerfeld hatte offensichtlich eine überaus positive Einstellung zu seinem Job.

Lernst du deine individuellen Stressauslöser kennen, hast du viele Möglichkeiten: Idealerweise kannst du sie umgehen oder vermeiden. Ist das nicht möglich, kannst du deine Fähigkeiten verbessern oder eigene Ansprüche hinterfragen. Du kannst daran arbeiten, deine Einstellungen zu bestimmten Situationen umzubewerten – oder versuchen, sie zu akzeptieren. Von Reinhold Niebuhr, einem US-amerikanischen Theologen und Philosoph, stammt das folgende bekannte Zitat: „Gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“

 

Von Nicola Loacker, Psychologin und Recruiterin bei K211 Consulting

Quellen:

Die Techniker Krankenkasse: Stress – Belastungen besser bewältigen. Hamburg, 2017.

Reschke, K. & Schröder, H.: Optimistisch den Stress meistern. Ggtv-Verlag, Tübingen, 2010.

Pohl, E: Wohlbefinden im Job. Humboldt, Hannover, 2009.

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